Ein November-Nieselwetter umhüllt Berlin, doch in der Hausarztpraxis von Avi Medical ist die Atmosphäre erstaunlich ruhig. Nur zwei Patienten sind anwesend. Die Gründer der Praxis, Julian Kley und Vlad Lata, blicken von einem Behandlungszimmer aus auf die Situation.
10 Minuten Wartezeit, das Ziel: Null Minuten
In der Durchschnittspraxis von Avi Medical beträgt die Wartezeit zehn Minuten. Das ist für Vlad Lata, den IT-Entwickler unter den Gründern, nicht genug. Er strebt eine Wartezeit von null Minuten an.
Digitales Kontrollzentrum und Farbsystem
Die Praxis verfügt über ein digitales Kontrollzentrum, das in Echtzeit den Patientenfluss anzeigt. Krankheitsfälle werden durch ein Farbsystem sortiert: Rot steht für akute Fälle, Gelb für chronische und Lila für Kontrolluntersuchungen. Selbstverständlich können Termine auch online gebucht werden.
Radikale Veränderungen durch Digitalisierung
Vlad Lata glaubt, dass Arztpraxen vor radikalen Veränderungen stehen, bedingt durch die zunehmende Digitalisierung. Diese Veränderungen sind dringend notwendig, denn laut der Robert Bosch Stiftung sind 4100 Hausarztpraxen momentan unbesetzt. Bis 2035 könnte diese Zahl auf 11.000 steigen.
Herausforderungen im Gesundheitssystem
Die Kosten für Medikamente und medizinische Geräte steigen stetig an. Zudem wird die Bevölkerung immer älter und damit auch kränker. Krankheiten wie Diabetes, Demenz, Herzinsuffizienz, Krebs und Depression nehmen zu. Das deutsche Gesundheitssystem steht vor großen Herausforderungen. Es gilt als ineffizient und teuer und belegt einen mittleren Rang in Bezug auf Lebenserwartung und Gesundheit.
Expansion trotz Kritik
Trotz aller Kritik haben Julian Kley und Vlad Lata seit 2020 17 Praxen eröffnet. Bis Ende des Jahres planen sie, auf 25 Praxen zu expandieren. Dies wird durch Wagniskapitalgeber finanziert, die bisher mehr als 80 Millionen Euro investiert haben. Auch hier gibt es Diskussionen um die Rolle von Profitinteressen im Gesundheitssystem, insbesondere bei von Investoren geführten Klinikketten.
Warnungen und Möglichkeiten
Gesundheitsminister Karl Lauterbach warnt vor den Gefahren des Profitstrebens im Gesundheitssystem. Andererseits sehen Befürworter private Investitionen als Chance für eine effizientere und digitalere Gesundheitsversorgung.